Karate ist eine Kampfkunst. Etymologisch betrachtet hat das Wort Kunst seine Wurzeln im Verb können. Ein Kampfkünstler ist also jemand, der kämpfen kann.
Ein Boxer ist zweifelsfrei auch jemand, der kämpfen kann - aber als Kampfkünstler werden Boxer nicht bezeichnet. Sie sind Sportler.
Der Begriff Sport kommt vom lateinischen disportare, was „sich zerstreuen“ bedeutet. Die Engländer sagten „disport“. Den „Sport“ haben sie erfunden und meinten damit „Zeitvertreib“.
Boxen - und der Wettkampf im Allgemeinen - ist natürlich wesentlich älter als der Sport. Schon im antiken Griechenland wurden bei den Olympischen Spielen Faustkämpfe ausgetragen.
Der Begriff „Kunst“ meint aber nicht nur „Können“ und „Kunstfertigkeit“, sondern auch etwas Künstliches, vom Menschen gemachtes und nicht natürliches. Kunststoff zum Beispiel. Kunststoff ist aber kein Kunstwerk, denn man kann ihn nutzen, gebrauchen, verbrauchen. Kunststoff hat also einen Zweck. Hingegen ist Kunst zweckfrei. Das gilt insbesondere seit der Moderne. Ein Kunstwerk, das man nutzen kann, ist entweder Propaganda oder Kitsch.
Was unterscheidet eine Kampfkunst von einem Kampfsport?
Die Begriffe vermischen sich zunehmend und die Grenzen sind kaum noch sichtbar, denn der sportliche Wettkampf steht heute an erster Stelle.
Ursprünglich gab es im Karate aber keinen Wettkampf. Es wurden nur Katas geübt. Das japanische Wort „Kata“ bedeutet „Form“. Ein Kampf gegen mehrere Gegner wird ästhetisiert, in eine Form gebracht und dadurch künstlich. Zudem werden die Gegner imaginiert und die Katas enthalten Elemente voller Symbolik, deren Bedeutung vielen Interpretationen Raum lässt.
In einer Kata spielen Perfektion und Rhythmus die zentrale Rolle.
Sie ist also keine Darstellung eines realen Kampfes, sondern Theater, Tanz, darstellende Kunst.
Die Katas machen Karate zur Kampfkunst. Sie haben zum Teil Wurzeln, die hunderte von Jahren zurückreichen, denn das Künstliche vermag die Zeit zu überdauern, das Reale vergeht.
Deshalb laufe ich jetzt die alte Shotokan Karate Kata "Gankaku".